Sie schreckte hoch, als sie Odysseus laut schimpfen hörte. Nach seinem Jammern zu urteilen hatte er gerade ein Schiff verloren. Penthesileia stand beunruhigt auf. Wie konnte Odysseus so etwas wissen? Hatte sie etwa so fest geschlafen, dass sie das Erreichen eines Botenschiffs verschlafen hatte?
Sie trat vor ihre Unterkunft und schloss von der Sonne geblendet für einen Augenblick die Augen. Als sie ihre Augen wieder öffnete, erblickte sie Odysseus, der fluchend wie ein wütender Gockel auf dem Deck herumtobte. Melkart stand lachend daneben. Warum lachte Melkart über Odysseus? Wenn Odysseus ein Schiff verliert, dann ist doch Melkart ebenfalls an dem Verlust beteiligt, überlegte Penthesileia. Die Sarmatin sah aber noch mehr, was sie nicht verstand. Achill und der Kapitän des Schiffs saßen vor einer diskusförmigen Scheibe aus gebranntem Ton auf dem Deck und lachten Odysseus voller Schadenfreude aus.
Penthesileia gesellte sich zu den Männern. »Was ist denn mit Odysseus los und warum lacht ihr alle über ihn?«, fragte sie irritiert.
»Sein letztes Schiff wurde kurz vor Erreichen des Zielhafens durch widrige Winde zurückgetrieben«, erklärte ihr Melkart breit grinsend.
Als sie am Vortag mit dem Schiff losfuhren, hatte Penthesileia mit Erstaunen bemerkt, dass Melkart sich gleich auf einen wahren Berg von Schriftstücken stürzte, die er gründlich durchlas. Danach wusste er über alle wichtigen Begebenheiten innerhalb der Telkefti Bescheid. Nun glaubte sie, Odysseus hätte erst jetzt die Nachrichten für ihre eigene kleine Gesellschaft durchgesehen, und war auf den Bericht über den Verlust des Schiffs gestoßen.
»Das ist kein Grund Odysseus auszulachen«, schimpfte Penthesileia. Sie blitzte Melkart und Achill wütend an. »Wie könnt ihr euch über dieses Missgeschick freuen? Habt ihr mir nicht erzählt, ihr seid gemeinsam Eigentümer einer Handelsgesellschaft? Dann ist es doch auch euer Schiff, das abgetrieben wurde.«
Einen Moment lang sah Melkart die Sarmatin verdutzt an, dann fing er wieder an zu lachen und Achill fiel in sein Lachen ein. Penthesileias Miene verdüsterte sich weiter. Mit zusammengezogenen Augenbrauen, die Hände in die Hüften gestemmt fauchte sie angriffslustig: »Lacht ihr mich etwa aus?«
Achill schüttelte verneinend den Kopf. Weil Melkart sich noch immer vor Lachen krümmte, versuchte er, Penthesileia die Situation zu erklären. »Beruhige dich, wir spielen doch bloß »Die große Handelsreise«. Odysseus hätte das Spiel fast gewonnen. Aber dann würfelte er eine Drei und kam auf das Windfeld. Das schickte ihn wieder zurück zu Aiolos. Dort musst du eine Sechs würfeln, um günstige Winde zu bekommen, die dich nach vorn bringen.« Achill zog die Augenbrauen hoch und grinste. »Hat er aber nicht geschafft, deshalb hat er sein letztes Schiff verloren. Nun ist er ausgeschieden.« Deshalb benahm sich Odysseus, als ob die Welt unterging? Wie konnte er ein Spiel bloß so ernst nehmen und sich dermaßen ärgern? »Was ist ein Windfeld und wer ist Aiolos?«, fragte Penthesileia, denn sie wollte mehr über das Spiel erfahren…